Kennen Sie...?
In unserer Serie "Kennen Sie...?" portraitieren wir jeden Monat einen unserer Gäste ...
Wir begegnen tagtäglich Menschen wie Du und ich, von denen wir glauben, sie zu kennen. Aber plötzlich lesen wir beispielsweise einen Zeitungsartikel, den unser/e NachbarIn von nebenan geschrieben hat. Und so erfahren wir überraschenderweise etwas von der Person, von der wir vorher noch nie etwas gewusst haben: vielleicht von einem besonderen Hobby oder einem Hilfsprojekt, das sie/er mit Leidenschaft verfolgt.
Bei uns im Madle bringen uns solche Geschichten immer wieder zum Staunen oder wir verstehen plötzlich, warum jemand so ist, wie er ist.
Wir freuen uns auf viele spannende Portraits und Biographien.
Auf unserer Website portraitieren wir jeden Monat einen neuen Gast.
Kennen Sie... Hans Herzog?
Hans Herzog, geboren 1923 in Luzern, lebt bei uns im Madle seit Juni 2021. Hans wuchs als einer von vier Buben, in einer harmonischen Familie auf. Geprägt wurde er auch, durch seinen auf den Tag 10 Jahre älteren Bruder, der für Hans eine Vorbildfunktion übernahm.
Hans Herzog wollte zuerst Theologie oder Medizin studieren. Bald wurde ihm aber klar, dass Chemie für ihn zukunftsweisend ist. So begann er, Chemie an der Uni Zürich zu studieren mit Zoologie im Nebenfach. Bei Professor Doktor Hadorn, ein Genetikwissenschafter, wurde auch sein Interesse für Naturwissenschaften geweckt.
Als sein Bruder ihn nach vier Semestern in Zürich nach Basel holte, doktorierte er dort in Chemie am Institut für Farbenchemie.
Hans Herzog fiel mit seiner Intelligenz offenbar nicht immer nur zu seinen Gunsten auf. Während des Vorstellungsgesprächs bei der Ciba Geigy fand er einen Formelfehler, was die Herren der Ciba, die sich dadurch vorgeführt fühlten, nicht als Vorteil goutierten und ihm deshalb die Stelle nicht gaben.
Durch einen Studienkollegen fand er dann aber eine Anstellung in Pratteln bei der Firma Rohner AG, die 1906 von Josef Rohner als Familienbetrieb mit seinen Söhnen gegründet wurde. Er wurde bei der Rohner AG wie ein Familienmitglied akzeptiert.
Der Aufstieg ging schnell. Startend im technischen Kundendienst hat er bald als Berater internationaler Kunden zu Farbeinstellungen von Textilfarbstoffen gearbeitet. Sein Weg führte ihn noch bis ganz nach oben als Vizedirektor, als Verantwortlicher für Public Relations, als Sekretär der Geschäftsleitung und als Personalchef von 300 Angestellten.
In den 35 Jahren im Dienste der Rohner AG identifizierte er sich stark mit dem Familienunternehmen, das nach seiner Zeit, seinen Angaben zufolge von Fotzelgesellen böse heruntergewirtschaftet wurde.
Privat erlebte er eine sehr glückliche harmonische Ehe mit seiner Frau Maria Schaffter, Wirtetochter aus Metzerlen, mit der er eine Familie gründete. Kennengelernt haben sich die beiden, während den Fahrten von Rhoderstorf nach Basel mit dem blauen Bähnli. Ihm war es wichtig, dass seine zwei Kinder glücklich werden und ihren eigenen Weg machen konnten.
Auf die Frage ob er, wenn er nochmals wählen könnte, als Mann oder als Frau auf die Welt kommen wollte, wählte er klar die Frau. Frauen würden sich bei der beruflichen Laufbahn nicht so aufplustern und nicht so ein Gschiss machen wie Männer. Überhaupt empfinde er die Frau als das wahre starke Geschlecht! Das ist doch mal eine starke Aussage!
Auf mich wirkt Herr Herzog als ein sehr offener empathischer, wortgewandter Mann von Welt, der nie die Bodenhaftung und das Wissen über seine Herkunft verloren hat. Das Madle kann sich glücklich schätzen, ihn als Gast bei sich zu haben. Wir wünschen Herrn Herzog noch eine schöne Zeit bei uns als Gast im Madle.
Bettina Vogt, Aktivierung
Kennen Sie... Frau Kelic?
Kennen Sie... Frau Kelic?
Seit September 2020 wohnt Frau Kelic bei uns im Alters- und Pflegeheim Madle und dies, wie sie sagt, sehr gerne.
1942 wurde sie in Bosnien geboren und hier beginnt ihre Geschichte.
Aufgewachsen mit ihrer 7 Jahre älteren Schwester verbrachte sie eine glückliche Kindheit, welche durch den frühen Tod ihres Vaters überschattet wurde. Als junge Erwachsene verlor sie auch früh ihre Mutter.
Nach der Schule absolvierte sie das Lehrerseminar und folgte 1969 ihrem Mann, welcher schon 7 Jahre vorher in die Schweiz gereist war. Bei der Firma Buss fand sie schnell eine Anstellung als kaufmännische Angestellte und zu dieser Zeit kam auch die jugoslawische Botschaft auf sie zu mit der Frage, ob sie nicht eine Sprachschule für Kinder aus Jugoslawien gründen möchte. Da Kinder besser Deutsch lernen, wenn sie ihre Muttersprache beherrschen, wurde diese Schule quasi als Ergänzungsschule zur staatlichen Schule gegründet.
Gesagt, getan: Nach der Gründung besuchten 360 Kinder diese Schule Mittwochnachmittags und samstags.
Mit dem Ausbruch des Jugoslawien-Krieges wurde auch die Schule geschlossen. Der Krieg hat ganz viel ausgelöst und verändert. Hier darüber zu schreiben würde den Rahmen sprengen. Aber es war eine sehr spannende Diskussion über Religion und den damaligen Präsidenten, Josip Tito. Danke, Frau Kelic.
Die Familie hat sich vergrössert, Frau Kelic bekam zwei Kinder. Eine Tochter und etwas später einen Sohn, welcher mit Trisonomie 21 zur Welt kam.
Ihr beruflicher Weg ging weiter und das Erziehungsdepartement Baselstadt hat ihr angeboten, im St. Johann- und Voltaschulhaus Deutsch und Bosnisch zu unterrichten sowie als Dolmetscherin an allen Schulhäusern im Einsatz zu sein. Dies hat sie auch mit viel Freude getan und wurde dort auch pensioniert.
Mir ist bewusst, wie schwierig es ist ein ganzes Leben in wenigen Zeilen auf Papier zu bringen. Über ihre Kinder, ihren Mann, ihre vielen Erlebnisse an den Schulen usw. zu schreiben würde ein ganzes Buch füllen.
Doch zum Schluss möchte ich noch eine Anekdote zu Papier bringen, welche Frau Kelic mir erzählt hat:
Ein Junge sagte zu ihr: «Frau Lehrerin, in der Schule sprichst du, zu Hause spricht meine Mutter, wann spreche ich denn?».
Oder ein anderes Erlebnis:
Frau Kelic fragte einen Schüler, ob seine Mutter das Baby schon bekommen habe. Dieser sagte: „Ja, sie hat ein Mädchen bekommen.“ Darauf sagte sein Banknachbar: „Sie kommt dann auch zu Ihnen in die Schule, wenn sie bis dahin nicht krepiert sind, Frau Lehrerin.“
Danke vielmals Frau Kelic für Ihr Erzählen und dass wir ein kleines Stück dabei sein durften.
Sabine Müller, Aktivierung
Kennen Sie... Paul Ramseier?
Herr Paul Ramseier kam zusammen mit seiner Zwillingsschwester am 23. Juni 1930 in Pratteln zur Welt. Er verbrachte mit sechs weiteren Geschwistern eine schöne Kindheit. Frau Dill, eine seiner Schwestern, wohnt heute ebenfalls bei uns im Madle.
Herr Ramseier verbrachte seine obligatorische Schulzeit in Pratteln. Seine kaufmännische Weiterbildung, begleitet von Sprachkursen, führten ihn zur Eidgenössischen Buchhalterprüfung mit Diplomabschluss.
Im KV lernte er seine grosse Liebe kennen. Herr Ramseier erzählte mir mit einem Schmunzeln im Gesicht, dass ihm seine Olga, als er als kaufmännischer Angestellter bei der Ladenbau AG in Liestal tätig war, aus ihrem Schlafzimmerfenster ihres Elternhauses, gleich gegenüber, zuwinken konnte. Als ich ihn fragte, was ihm denn am besten an seiner Olga gefallen habe, antwortete er: «Ihri Poschtur und ihre Charakter!» und lachte. Nach ein paar Jahren verlobten sie sich und am 10. April 1954 gab er seiner Olga, geborene Weihermann, sein Jawort. Das gemeinsame Glück war mit vier Kindern, drei Buben und ein Mädchen, komplett. Herr Ramseier erzählt stolz von seinen Kindern und ihren beruflichen Erfolgen. Auch seine 11 Enkelkinder und die drei Urenkelkinder erfüllen ihn mit grossem Stolz.
Nach vielen Jahren Berufserfahrung bei diversen Firmen, durfte er 1962 als Finanzexperte der UNO in den Kongo. Zum Abschluss dieses Aufenthaltes kauften sie sich einen VW-Käfer und bereisten, mit ihren vier Kindern auf dem Rücksitz, Afrika. Kongo, Sambia, Rhodesien, und Mosambik standen auf ihrem Reiseplan und mit vielen schönen Erlebnissen, Freundschaften und Erinnerungen kamen sie nach vier Monaten wieder zurück nach Pratteln. Ich sitze bei Herrn Ramseier auf dem Sofa und wir blättern im dicken Album ihrer grossen Reise. Auf jeder Seite klebt ein A4-Blatt, das all die vielen Erlebnisse eindrücklich und detailliert beschreibt. Seine Frau Olga («mis Fraueli», wie er sie immer wieder liebevoll nennt) habe sich jeden Tag an die Schreibmaschine gesetzt, um diese Reise zu dokumentieren. Bereits einen Tag nach ihrer Rückkehr aus Afrika gründete Herr Ramseier 1965 sein eigenes Treuhand- und Revisionsbüro in Pratteln, das er nach 35 erfolgreichen Jahren seinem Sohn Rolf übergeben durfte.
Herr Ramseier engagierte sich auch in unzähligen öffentlichen Ämtern. Er war 25 Jahre lang Prüfungsexperte an den kaufmännischen Lehrabschlussprüfungen in Liestal, vier Jahre Präsident der Sekundarschulpflege und Vizepräsident der Primarschulpflege Pratteln sowie neun Jahre Kassier der Schweizerischen Vereinigung von Experten für die Entwicklungshilfe Bern; um nur mal einige davon zu erwähnen. Auch hatte er eine Liste von Mitgliedschaften, die er gerne pflegte. Eine davon während 57 Jahren beim SKV (Schweizerischer Kaufmännischer Verband) in der Sektion Basel. Ja, die Liste ist wirklich gross und als ich Ihn fragte, ob ihm da noch genügend Zeit mit seiner Familie bliebe, Antwortete er: «Sie sin amme scho chli z’churz cho.»
Herr Ramseier war nicht nur beruflich sehr engagiert und erfolgreich, er war auch eine richtige «Sportskanone». Ganze 22 Mal absolvierte er den Engadiner Skimarathon, die zweitgrösste Langlaufveranstaltung der Welt. Über 14'000 Läuferinnen und Läufer aus über 60 Nationen legen jeweils den 42km langen Marathon zurück. Mit tausenden Athletinnen und Athleten stand Herr Ramseier zweimal am Start des berühmten Wasalaufs in Schweden. Diese 90km lange und legendäre Loipe bleibt ein unvergessliches Erlebnis, das ihn mit grossem Stolz erfüllt und seine Augen funkeln lässt. Herr Ramseier lacht herzhaft, als er mir erzählt, dass er einmal plötzlich neben Bundesrat Ogi lief und sich die beiden rege unterhielten.
Immer wieder erzählt er von seiner Frau. Laufen war eines ihrer gemeinsamen Hobbies. Sogar zu Fuss um die ganze Schweiz und ins Tessin, haben es die beiden geschafft. Herr Ramseier erzählt mir mit Stolz, dass Olga Ramseier eine bekannte Turnerin war und jahrelang den Kantonalturnverband Baselland leitete.
Aber wie viele schöne Erinnerungen seine Lebensgeschichte bisher prägten, so wurde sein Leben auch plötzlich mit traurigem überschattet. Der Tod seines Sohnes Markus im Jahre 2019 und der Verlust seiner geliebten Olga nur ein Jahr später, trafen ihn tief. Nichts ist mehr so, wie es einmal war. Aber, es bleiben schöne Erinnerungen und Bilder.
Noch immer trifft man Herrn Ramseier auf seinen täglichen Spaziergängen in Pratteln. Was wäre, wenn sie nicht mehr ihre täglichen Spaziergänge machen könnten, fragte ich ihn. «Ou, das wär schlimm!», antwortete er. «Zum Glück darf ich täglich, zämme mit ere Bewohnerin, go spaziere».
Lieber Herr Ramseier, Ihre bildhaften Erzählungen über Ihr Leben haben mich sehr berührt. Ich danke Ihnen von Herzen für Ihr Vertrauen und dass sie uns alle teilhaben lassen an Ihrer eindrücklichen Lebensgeschichte.
Conny Haffter, Aktivierung
Kennen Sie... Mario Martini?
Die Reise von Mario Martini begann im Jahr 1946, als er in Pratteln geboren wurde und aufwuchs. Er sei «schon ein wenig stolz» ein Prattler Bürger zu sein, denn die Gemeinde organisiere sich gut. Hier besuchte er die Primar- und Sekundarschule.
Nach der Schulzeit absolvierte er eine Kaufmännische Lehre bei Imhof & Co. in Basel im Werkzeughandel, wo er jeweils mit dem Tram zur Arbeit ging. Er wählte diese Lehre als Grundausbildung, um sich danach weiterzubilden. Dieser Wunsch sollte sich schon bald erfüllen. Nach dem Abschluss seiner Lehre bekam er die Gelegenheit, in einer Genfer Bank eine Weiterbildung im Devisenhandel zu machen, wo er nebenbei – «im praktischen Bereich» – sehr gut französisch lernte.
Nach drei Jahren in Genf führte ihn seine Reise weiter in den Norden; nach London. Er bekam dort am Swiss Merchandise College die Chance auf ein Praktikum und konnte von Filiale zu Filiale durch ganz England bis nach Schottland reisen. Während dieser Zeit hatte er gelernt, selbstständig und mobil zu werden.
Nach einem Jahr kehrte er zurück nach Basel, wo er jedoch nicht lange verweilte. Schon nach wenigen Monaten zog es ihn wieder zurück nach London, dann weiter auf den amerikanischen Kontinent. Columbia, South Carolina bis nach Toronto, Kanada.
Er genoss ein «freies» Leben. In Amerika gäbe es nicht so starre gesellschaftliche Normen wie in der Schweiz. Die Amerikaner seien «open minded», also offen für Unbekannteres oder Ungewöhnliches und die Schweizer dagegen eher «narrow minded», also etwas engstirnig. «In Amerika ist man vogelfrei», sagt er mir in unserem Interview. Er verbrachte seine Freizeit damit, an Konzerte zu gehen; er hörte Jazz und Tattoo oder sah sich Hockey Matches der Toronto Maple Leaves an.
Im zweisprachigen Toronto fiel ihm die Kommunikation nicht schwer, denn er konnte schon Französisch und hatte in der Zwischenzeit auch gut Englisch gelernt. So konnte er sich bei der Arbeit und in der Freizeit flexibel ausdrücken.
Nach dieser langen Zeit unterwegs brachte ihn seine Reise gegen Ende seiner 20er zurück in die Schweiz, wo er sich 1969 – am Geburtstag seiner zukünftigen Frau – verlobte und sich mit ihr zusammen in Rheinfelden niederliess.
Am 1. Dezember 1978 kam ihre gemeinsame Tochter Leslie zur Welt, um die sich Herr Martini nach der Scheidung von seiner Frau abwechselnd mit ihr kümmerte.
Mitte der 90er Jahre machte er sich mit drei Kollegen im Bereich der Immobilienschätzungen selbstständig. Die Selbstständigkeit reizte ihn. So konnte er mit seinen Kollegen zusammen selbst entscheiden, wie sie vorgehen wollten und hatten keine Vorgesetzten. Im Jahr 2000 entschied er aus dem Bauch heraus, sich definitiv pensionieren zu lassen.
Denkt er an sein Zuhause in Rheinfelden zurück, so kommen ihm die Kräuter, Blumen und das Gemüse (welches er stets vor den Schnecken verteidigen musste) in den Sinn. Den Garten zu pflegen, das war eine seiner Leidenschaften. Eine andere war der Sport.
Während seiner Jugend hatte er in der NSP (Neue Sektion Pratteln) intensiv Handball gespielt und später lernte er in Arlesheim Curling. Dieser Sport faszinierte ihn und er führte ihn mehrere Jahre weiter. Er sei für ihn ein «Adventure».
Das Reisen spielte auch nach der Familiengründung eine zentrale Rolle in Herrn Martinis Leben. Während 50 Jahren ging er jedes Jahr alleine mit seinem Hund für zwei Monate ins Südtirol, um dort Bekannte zu besuchen. Er durfte jeweils in deren Hotel wohnen und die Ruhe und lange Spaziergänge geniessen. Nicht nur der Aufenthalt selbst, sondern auch die Reise dorthin bereitete ihm Freude. Über zwei Pässe musste er entweder mit Zug und Postauto oder manchmal auch mit dem eigenen Auto fahren. Die Zeit für sich alleine genoss er sehr.
Auf die Frage: «Was machte Sie in Ihrem Leben immer glücklich? », antwortet er mir: «Mobil sein».
Ich spüre heraus, dass es Herrn Martini immer ein Herzenswunsch war, frei zu sein. Selbstständig zu sein und freie Entscheidungen treffen zu können, auch wenn diese vielleicht mal nicht der «Norm» entsprachen. Aber auch physisch frei zu sein, dorthin gehen zu können, wo es ihn gerade hinzog.
Für die eigenen Bedürfnisse einzustehen ist manchmal mit viel Aufwand und Energie verbunden. Doch ist man einmal dort angekommen, wo man hinwollte, so kann man zurückschauen und fühlt sich ein Stück «mobiler» und selbstbestimmter.
Anna Vogt, Aktivierung
Kennen Sie... Rudolf Stohler?
Herr Stohler wurde am 7. Dezember 1932 im Basler Frauenspital geboren und lebte mit seinen Eltern in Pratteln.
Seine Mutter war eine hilfsbereite, offene Frau. Sie engagierte sich, wo sie konnte. So war es auch öfters der Fall, dass Familie Stohler Kinder in Not aufnahmen und ihnen ein Zuhause gaben. Sein Grossvater betrieb in Pratteln einen Bauernhof, wo seine Mutter und Herr Stohler oft tatkräftig mithalfen.
Den Kindergarten besuchte er im Vereinshaus in Pratteln, bei der Diakonissin Schwester Bertha. An diese schöne Zeit mag sich Herr Stohler noch besonders gern erinnern.
Während den obligatorischen Schuljahren ging Herr Stohler in Pratteln zur Schule, für die weiterführenden Schuljahre musste er mit dem Fahrrad im Sommer und im Winter mit dem Zug nach Liestal fahren. In der Schule hatte er Chemieunterricht und so kam das Interesse in ihm auf eine Ausbildung in dieser Richtung zu machen.
Doch oh je, der Berufsberater erkannte, dass Herr Stohler farbenblind ist und so leider keine solche Lehre machen konnte. Da sein Vater Architekt war, riet er ihm, eine Ausbildung im Baugewerbe zu machen .
So absolvierte er eine Maurerlehre bei der Firma Seiler AG in Pratteln und arbeitete dann noch 6 Monate in diesem Beruf.
Anschliessend besuchte er die Rekrutenschule 1952 als Wasserfahrer in Brugg und machte gleich weiter zum Unteroffizier. Nach dem Militär begann er eine Lehre als Hochbauzeichner im Architekturbüro der Firma Häring. Nach der bestandenen Abschlussprüfung folgte die Ausbildung zum Bauleiter. Für die nächsten drei Jahren arbeitete Herr Stohler jeweils 6 Monate in Lausanne und 6 Monate in Aarau, wo er die Bauschule in Aarau besuchte.
Nach abgeschlossener Ausbildung hätte Herr Stohler in Lausanne weiterarbeiten können, doch zur selben Zeit suchte die Gemeinde Pratteln einen Bauführer für den Hoch- und Tiefbau. So bewarb er sich und blieb der Gemeinde für 36 Jahren treu.
Im Nebenamt unterrichtete Herr Stohler an der Gewerbeschule Muttenz die Maurerlehrlinge, was er sehr gerne machte.
1976 wurde er von der Bürgergemeinde in Pratteln angefragt und 1984 wurde er Bürgergemeindepräsident bis 1992.
Herr Stohler war ein aktiver Bürger, er trainierte Handball und Leichtathletik im Turnverein Pratteln. Natürlich durften die Leichtathletikwettkämpfe nicht fehlen, denn seine Stärke war das 100 Meter-Rennen.
Beim Bau des Alters- und Pflegeheim Madle war Herr Stohler selber in der Baukommission mit dabei.
Und nun wohnt Herr Stohler seit 2020 selber im APH Madle.
Er ist täglich auf einem Spaziergang unterwegs, auch wenn ihn sein Augenlicht einschränkt. Der Besuch von seiner Familie ist immer eine willkommene Abwechslung für ihn, die er sehr schätzt und geniesst.
Herzlichen Dank, Herr Stohler, für Ihre Offenheit und das Teilen Ihrer Lebensgeschichte.
Rebekka Widmer, Aktivierung
Kennen Sie... Magdalena Brunner?
Mein Lehrer Herr Schneider (hoffentlich ist das wirklich der Name von meinem damaligen Lehrer!) drückte mir vor der ganzen Klasse im Geografie-Unterricht den Zeigestock in die Hand und sagte: «Madlen, zeige uns auf der Landkarte wo Rom liegt».
Bei so einer Aufforderung bekam ich Herzrasen und weiche Knie, so etwas war für mich eine unlösbare Aufgabe, denn ich war und blieb mein Leben lang eine geografische Niete. Ich konnte mich auf einer Landkarte einfach nicht orientieren. Zum Glück gab es da noch meinen Schulkollegen, den Werni, der führte nämlich vom Lehrer unbemerkt, hinter meinem Rücken, den in meiner Hand liegenden Zeigestock an die richtige Stelle auf der Landkarte. Halleluja Werni, wenn es dich nicht gegeben hätte, hätte ich wohl meine ganze Schulzeit hindurch in Geografie eine Null im Zeugnis gehabt.
Mit dieser Anekdote fängt Magdalena Brunner lachend über ihr bisheriges Leben zu erzählen an.
Am 4. Januar 1937 wurde ich im Frauenspital Basel als drittes von vier Kindern geboren. Vor mir gab es schon zwei Schwestern und ein Jahr nach mir kam dann auch noch mein Bruder auf die Welt.
Ich hatte sehr liebe Eltern und ich genoss mit ihnen und meinen Geschwistern zusammen eine richtig gute und schöne Kindheit in Kaiseraugst.
Wenn ich meine Augen schliesse, sehe ich noch heute den alten Kochherd und Backofen meiner Mutter vor mir und gleichzeitig habe ich den Duft der feinen von ihr gebackenen Änisbrötli in meiner Nase. Mit meiner Mutter zusammen nochmals Änisbrötli backen können, das wäre ein grosser Wunsch von mir.
Nach nur acht Jahren Schule war meine Schulzeit in Kaiseraugst schon vorbei. Eigentlich hätte ich sehr gerne eine Ausbildung als Schneiderin gemacht aber ich war noch so jung und eine Ausbildung lag einfach nicht drin. Wir waren eine grosse Familie und für mich war es selbstverständlich, meinen Vater beim Geldverdienen zu unterstützen.
Nach meiner beendeten Schulzeit fing ich gleich in der Strumpffabrik in Möhlin zu arbeiten an. Ich war dort für die Kontrolle der frischgewobenen Nylonstrümpfe zuständig. Für diese Kontrolle musste ich die Strümpfe einzeln über die Schaufensterpuppenbeine stülpen, um sie dann mit einer Lupe (wie ein Detektiv) genauestens nach Webfehlern abzusuchen. Wenn ich so einen Übeltäter gefunden hatte, wurde dieser von mir mit einer feinsten Nadel und einem hauchdünnen Faden von Hand geflickt. Ich mochte diese Arbeit sehr, sie bereitete mir wirklich Freude.
Trotzdem zog es mich nach einer gewissen Zeit weiter und ich fand schnell in der Weberei Schild in Liestal einen neuen Arbeitsplatz. Schon nach kurzer Zeit bot man mir dort eine Ausbildung als Weberin an. Ich lehnte dieses Angebot ab, denn ich spürte, diese Arbeit war nicht das Richtige für mich, mir fehlte die Lupe.
Ich wechselte nach Lausen in die Uhrenfabrik Rödlein. Heute würde man wohl sagen, ich sei dort in der Qualitätskontrolle tätig gewesen. Bei Rödlein bekam ich dann auch wieder meine Lupe, denn meine Arbeit bestand dort daraus, dass ich alle fertiggestellten Uhren kontrollierte und dabei schaute, dass auch wirklich jedes Rädchen an seinem richtigen Platz sass.
In der Zwischenzeit zogen die Jahre ins Land, es wurde Frühling, Sommer, Herbst und Winter und irgendwann wurde es dann auch wieder einmal Fasnacht und genau an einer solchen Fasnacht, lernte ich im Restaurant Leuen in Kaiseraugst den Josef Brunner, meinen späteren Ehemann kennen.
Ich hatte den Josef schon vor der Fasnacht kennengelernt und er gefiel mir auf Anhieb. Der Josef holte mich an diesem Abend immer wieder zum Tanzen, doch mit wem er da eigentlich tanzte, das wusste er bis zum Schluss nicht. Das heisst, er wusste es erst, als ich die Maske abzog. Ich habe den Josef an diesem Abend schön «verseckelt» (Frau Brunner lacht herzlich).
Josef wuchs in Luzern auf einem Bauernhof auf doch, da es zu dieser Zeit in der Innerschweiz wenig Fabriken und noch weniger Arbeit gab, versuchte er in der Region Basel sein Glück. Als ich ihn kennenlernte arbeitete er auf der Bahn und später dann in der Firma Henkel.
Als 19-Jährige heiratete ich den 23 Jahre alten Josef Brunner und wurde so zur Magdalena Brunner. Unsere erste gemeinsame Wohnung hatten wir im «Schlössli» in Basler-Augst aber da die Miete dort so «sau teuer» gewesen war, suchten wir uns schon bald ein neues Zuhause, welches wir schon bald an der Zehnder-Strasse in Pratteln fanden.
Mit 24 bekam ich unser erstes Kind, den Urs und 5 Jahre später dann unsere Tochter die Renate. Nach der Geburt der beiden Kinder blieb ich zuhause, führte den Haushalt und schaute dort zum Rechten. Gleichzeitig leistete ich noch ein wenig Heimarbeit für die Firma Ronda. Unterdessen bin ich auch noch Grossmutter von vier Grosskindern geworden und noch heute besuchen mich meine Kinder regelmässig und oft. Für diese Besuche bin ich ihnen unglaublich dankbar, ich geniesse sie sehr. Meine Kinder sind das Schönste was mir in meinem Leben je passiert ist. Klar haben sie mich manchmal auch «hässig» gemacht, doch die Kinder waren zum Glück gesund, sie gediehen und sie wurden gross, was wollte man mehr!
Eine grosse Leidenschaft von mir war das Nähen, ich nähte für mein Leben gern. Auf unserem Stubentisch stand immer meine Nähmaschine startklar bereit, ich musste nur noch den Faden wechseln und schon konnte ich losrattern.
Josef und ich lebten glücklich und zufrieden in Pratteln. Wir machten kein einziges Mal in unserem ganzen Leben Ferien, wir brauchten das einfach nicht, wir hatten ja den Rhein vor der Türe und der Josef hatte sein Velo.
Leider verstarb mein Ehemann vor einem Jahr und dies macht mich auch heute noch sehr traurig. Trotzdem bin ich mit meinem bisherigen Leben zufrieden.
Frau Brunner schaut beim Erzählen ihrer Geschichte immer wieder aus dem Fenster und beobachtet die Kinder, die im Joerin Park spielen. Plötzlich sagt sie: «Früher sind die Kinder auf die Bäume geklettert doch heute sehe ich kein einziges Kind mehr auf einem Baum. Warum ist dies eigentlich so? »
Gute Frage Frau Brunner!
Liebe Frau Brunner, vielen herzlichen Dank für den schönen Einblick in ihre Lebensgeschichte.
Esther Meier, Leiterin Aktivierung
Kennen Sie... Anna-Maria Rosa?
Geboren am 20. September 1937 ist Frau Anna-Maria Rosa als viertes von sieben Kindern in Levico in der Region Südtirol.
Aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen war es damals nicht unüblich, dass man die Kinder zum arbeitenden Vater in die Schweiz schickte. So war es möglich, dass man besser über die Runden kam. Die Italiener dieser Generation zahlten dafür aber einen hohen Preis; ihre Familie wurde dadurch komplett auseinandergerissen.
So kam Anna-Maria Rosa mit 17 Jahren zu ihrem Vater ins Siggenthal, wo er in der Zementfabrik arbeitete. Ohne jegliche Deutschkenntnisse arbeitete sie an ihrer ersten Stelle im Restaurant Aarebrugg im Kanton Aargau in der Lingerie, wo sie ziemlich auf sich selbst gestellt war.
Mit 19 Jahren, empfahl sie dann ihre Freundin Anneli ans Restaurant Bahnhöfli in Frenkendorf, wo sie als Buffettochter, so hiess das früher, arbeitete. Und genau dort, verliebte sie sich in ihren zukünftigen Ehemann Roberto. Bereits ein Jahr später heiratete sie ihren Roberto, der dann 60 Jahre lang ihre grosse Liebe war.
Roberto arbeitete damals bei der Alteisen Firma Chiesa. Drei Kinder belebten den Haushalt mit Patrizia 1959, Mario 1961 und Elisa 1964. Frau Rosas Augen glänzen, wenn sie von ihrer «famiglia» spricht.
Frau Rosa arbeitete zu dieser Zeit bei der Gemeinde als Reinigungskraft in den Schulhäusern und das über 40 Jahre! Sie hat es genossen, den Kontakt mit den Lehren, Kindern und dem Abwart Herrn Trüssel. Sich auszutauschen war auch eine schöne Gelegenheit zu ihrem manchmal anstrengenden Alltag. Ausserdem war sie auch die gute Perle in einigen privaten Häusern.
Wir sprechen jetzt über den Glauben, worauf Frau Rosa sofort ihre Hände gen Himmel hält und von ihrem Heiligen Antonio schwärmt. Der habe sie über all die Jahre begleitet, als es manchmal auch schwierig war und geholfen die Zuversicht nicht zu verlieren.
Wenn man sie nach ihrem Schweizer Lieblingsessen fragt, kommt sofort: Knöpfli mit Butter, Rösti oder Chäsküechli. Trotzdem gehört ihre grosse Leidenschaft der Cucina Italiana!
Frau Rosa lebt gerne bei uns im Madle und nimmt regelmässig an den Aktivitäten teil, unter anderem auch in der internen MadleKochgruppe.
Lasagna al forno, Minestrone und Polenta ai funghi.... Durch ihre Schwärmerei schaue ich instinktiv auf die Uhr, weil mir das Wasser im Mund zusammenläuft und der Hunger sich meldet.
Da spürt man sofort die ganze Italianità, die Liebe zur Heimat Italien. Ihr grösster Wunsch ist es, in ihrer Heimat im Südtirol zu sterben, weil da ihr wahres Zuhause ist, mit den grossen Tannen, den saftigen Äpfeln und den schönen Feldern und Wäldern.
In unserem Altersheim Madle leben zurzeit etwa zehn Gäste mit italienischen Wurzeln oder Hintergrund.
Auf dem Bild sehen Sie das Haus, wo Frau Rosa 14 Jahre gelebt hat und jetzt der erweiterte Bau des Madle steht.
Ich bedanke mich bei Frau Rosa für ihre Erzählungen aus ihrem Leben und wünsche ihr weiterhin schöne Tage bei uns.
Bettina Vogt, Aktivierung
Kennen Sie... Jeannette Puricelli?
Frau Jeannette Puricelli lebt seit circa sieben Jahren hier im Madle und ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich damals noch im Service gearbeitet hatte und diese elegante Frau mit ihrem aufrechten Gang das erste Mal den Esssaal betrat. Ich hatte die Gelegenheit, mich mit ihr über ihr Leben zu unterhalten und wir führten ein langes und interessantes Gespräch miteinander.
Jeannette Puricelli erzählt:
«Ich wurde am 16. Dezember 1923 in Delémont geboren und wuchs dort französischsprechend auf, bis mein Vater durch einen unglücklichen Zug-Unfall ums Leben kam. Diesen Schicksalsschlag habe ich noch immer sehr präsent in Erinnerung. Er sagte bei der Verabschiedung zu uns vier Mädchen: Folgt der Mama!
Da meine Mutter ursprünglich aus Lausen kam, zogen wir danach zurück in die Deutschschweiz, nach Basel. Ich musste dort Deutsch lernen und war im Französisch immer die Klassenbeste. Alle fragten mich um Rat. Trotzdem ging ich überhaupt nicht gern zur Schule. Wer geht schon gern zur Schule?», sagt sie mit einem Schulterzucken.
«Ich wäre in der Zeit lieber Schlittschuhlaufen gegangen.»
Eine schöne Kindheitserinnerung:
«Ich habe immer schöne Steine gesucht, sie gewaschen und gesammelt. Ich halte noch heute Ausschau danach, wenn ich draussen unterwegs bin. Wenn es einen gibt, der mir gefällt, packe ich ihn ein.
Ich hielt auch immer Ausschau nach Bäumen, die sich gut beklettern liessen und ich kletterte auf jeden Baum. Wie ein Affe! Wenn ich heute einen sehe, denke ich: «Der wäre auch noch gut gewesen». Ich war eine Lebendige. Mama hatte immer Angst um mich, aber mir ist nie etwas passiert.
Da ich eine Lehre als Schneiderin gemacht habe, musste ich meinen Schwestern immer die Kleider nähen. Ich mochte das nicht sonderlich, aber es musste halt gemacht werden und ich konnte es gut. Auch hier im Madle habe ich anfangs zum Teil noch in der Wäscherei beim Nähen geholfen, so hatte ich stets eine Beschäftigung.
Später heiratete ich und zog zwei eigene Kinder und ein Pflegekind gross. Dem Mann gab ich den Laufpass. Ich brauche keinen Mann, der nicht weiss, wo er zu Hause ist!
Wir hatten beim Hagebächli gewohnt und weil der Weg so steil war, gab mir mein Mann ein Auto, damit ich die Einkäufe nicht immer hochtragen musste. Das gefiel mir.
So war ich unabhängig und konnte auch ab und zu ins Tessin um Freunde zu besuchen.
Neben der Familie und dem Nähen war Sport immer ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Im Winter ging ich Langlaufen und nahm auch an Wettkämpfen teil. Ich war sehr gut darin. Im Diskuswerfen war ich die Zweitbeste der Schweiz als ich etwa 20 war. Den Diskus wirft man nicht, er muss aus der Hand rollen, sodass er aus ihr herausspickt. So hat er Schuss! » Sie macht mir die Bewegung vor und ich sehe sofort, dass sie darin geübt sein musste.
Was ist Ihr Lieblingstier?
«Der Hund! », antwortet sie schnell.
«Da kommt mir eine Geschichte in den Sinn. Ich war einmal in Peru auf einer Reise mit dem Pfarrer Kohler. Dort gab es einen Hund, der immer zu mir kam und der gab mir warm.»
Welchen guten Rat würden Sie jungen Leuten von heute geben?
«Man muss einen Beruf lernen, damit man eigenständig und unabhängig sein kann.»
Frau Puricelli ist für mich eine inspirierende Frau. Mit 99 Jahren merkt man ihr noch immer die Neugier an. Sie hält noch immer nach schönen Steinen und bekletterbaren Baumstämmen Ausschau und das beeindruckt mich sehr.
Vielen Dank, Frau Puricelli, für den spannenden Einblick in Ihr Leben.
Anna Vogt, Aktivierung
Kennen Sie... Frau Bärfuss?
Als ich wie abgemacht bei Frau Bärfuss ins Zimmer kam, begrüsste sie mich mit einem vorsichtigen Lächeln. «I bi scho chli nervös», erklärte mir Frau Bärfuss. Um ein bisschen gemütliche Atmosphäre zu schaffen, schenkte ich uns eine Tasse Tee ein, den ich auf einem stimmig dekorierten Wagen mit dabei hatte.
Frau Bärfuss fing an zu erzählen:
Am 27.07.1945 an der Wartenbergstrasse in Pratteln geboren, verbrachte sie ihre Kindheit mit ihren drei Geschwistern, zwei Mädchen und ein Junge, in Pratteln. Die Bauernfamilie lebte und arbeitete im Bauernhaus ihres Grossvaters. Alle mussten auf dem Hof mit anpacken.
«Der Vater holte uns Kinder am Morgen mit einer Kuhglocke aus dem Bett, zur Arbeit im Stall. » Wenn die Zeit es erlaubte, spielten sie mit anderen Kindern, bauten im Garten mit Holz und Steinen kleine Häuschen, oder spielten «Schittli verstecke». Im Winter schlittelten sie den Meienfels hinunter; manchmal den ganzen Tag. Auch ihr Onkel kam sonntags gerne mit seinem Sohn zum Schlitteln. Dabei setzte sich sein Sohn auf seinen Rücken und die anderen Kinder folgten den beiden hinterher. So sausten sie gemeinsam den steilen Hang hinunter. Sie hatten es, trotz der schweren Arbeit auf dem Hof, wunderschön. Die Eltern waren sehr lieb. Die ganze Familie hatte immer gemeinsam gegessen und viel gesungen. Manchmal hatten sie sogar mit ihrem Grossvater getanzt. «Ich sehe noch heute meinen Grossvater, wie er uns beibrachte Walzer zu tanzen. Immer dann, wenn ein Walzer im Radio lief, stand er auf und zeigte uns die Schritte, die wir Kinder versuchten nachzutanzen.»
Und wenn ihr Grossvater Zahltag hatte, durften die sie mit ihm in den Egglisgraben gehen. Dort bekam jeder von ihnen ein Stück Fleischkäse. «Das war immer wie Weihnachten.» Während Frau Bärfuss mit Freude von den vielen bildhaftschönen Erlebnissen erzählte, spürte ich, wie all diese Erinnerungen plötzlich ganz nahe sind.
Frau Bärfuss erzählte weiter. «Ich kann mich noch gut erinnern. Ich war immer gegen das Stehlen, denn ich wusste ja, dass sich das nicht gehört». In der ersten Klasse hatten damals alle ihre Klassenkameraden so schöne Weltkugelspitzer und sie hatte keinen. Als sie im Coop so einen Spitzer sah, nahm sie diesen an sich. Als sie bemerkte, dass die Verkäuferin Frau Köhli sie dabei beobachtete, gab sie ihr den Spitzer beschämt wieder zurück. Diese Geschichte hatte sie noch sehr lange beschäftigt. «Es wäre viel einfacher gewesen, der Mutter das Geld dafür zu klauen. Ich hatte ja auch schon ein 20erli behalten, um mir ein Weggli zu kaufen.»
1953 kaufte ihr Vater den Hof Leuengrund in Pratteln, gelegen zwischen dem Mayenfels und dem Egglisgraben, und verkaufte das Elternhaus.
Der 14. Juli 1960 ist ein Datum, das Frau Bärfuss, sie war gerade erst 15 Jahre alt, nie vergessen würde. An diesem Morgen ging sie wie immer zur Schule. Sie hatten Singen und Frau Bärfuss sang fürs Leben gern. Aber an diesem Tag war es anders. «Das vergesse ich nie», erzählt sie. Ihr war an diesem Morgen gar nicht ums Singen. Sie fragte sich, warum ihr das Singen so Mühe bereitete! Als sie nach der Schule nach Hause kam, wusste sie warum. «Wie wenn ich es gespürt hätte. » Denn, als sie und ihre Geschwister von der Schule nach Hause kamen, war niemand zuhause. Also gingen sie alle in den Stall, um zu melken. Plötzlich kam der Vater mit den Kleidern der Mutter auf seinen Armen auf sie zu. Das war ein schwerer Schock, denn sie wussten gleich, dass etwas Schlimmes passiert war. «Ich weiss noch genau wie das war, ich spürte einen Stich in meinem Herzen! » Die Mutter war erst 40 Jahre alt, als sie an einem Hirnschlag starb. Es verging eine ganze Stunde, bis der Krankenwagen kam. Noch am Morgen beklagte sich die Mutter wegen Kopfschmerzen, holte aber trotzdem ihre Bekannte ab, die ihr beim «Chirsigünne» half. Frau Bärfuss verlor später auch ihren Bruder im Alter von nur 52 Jahren.
Der Tag, an dem ihre Mutter starb, war ihr letzter Schultag gewesen. Denn nach dem Tod der Mutter nahmen sie Frau Bärfuss gleich aus der Schule. Sie musste fortan für Haus, Kinder und Hof schauen und damit ihren Vater unterstützen. Der jüngste Bruder war gerade erst fünf Jahre alt und die älteste Schwester heiratete und ging fort. Dies war ein schwerer Schicksalsschlag für die ganze Familie, der noch immer sehr bewegend in ihrer Stimme nachhallt.
Das Leben ist ein Auf und Ab. «Ich sag immer: Es hat auf der Welt Berge und es hat im Leben Berge. Wenn es einmal abwärtsgeht, dann geht es auch immer wieder einmal aufwärts. »
Später lernte sie ihren Mann an einem Fest kennen. Sie heiratete ihn im Alter von 22 Jahren. Gemeinsam hatten sie zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Nach ein paar Ehejahren liessen sie sich scheiden. Frau Bärfuss arbeitete darauf bei einem Coiffeur-Unternehmen in Basel und verdiente so Geld für sich und ihre Kinder. Ferien machten sie manchmal in einer Familienherberge. «Ich wollte ja nicht, dass die Kinder ausgelacht werden, wenn sie nicht von ihren Ferien erzählen konnten.» Nach einiger Zeit lernte sie einen anderen Mann kennen, mit dem sie dann 12 Jahre zusammenlebte.
Später lebte sie allein in Niederdorf. Im Juni 2020 veränderte ein Unfall das Leben von Frau Bärfuss auf einen Schlag. Bei einem unglücklichen Sturz zuhause brach sie sich die Halswirbel. Seitdem ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen. «Dabei wollte ich doch nur kurz etwas draussen holen. » Frau Bärfuss verbrachte ein halbes Jahr im Universitätsspital in Basel und kam danach zu uns ins Madle. «Es hätte noch viel schlimmer kommen können», meinte Frau Bärfuss und ist zufrieden, «so wie es nun mal ist». Mit ihrem elektrisch betriebenen «Ferrari» fährt Frau Bärfuss morgens meistens bis zu zwei Stunden Richtung Mayenfels, beim Gebertstall vorbei, durch die Reben und dann das Hagebächli ab.
Mit ihrem Sohn hat Frau Bärfuss seit 20 Jahren leider keinen Kontakt mehr. «Ich musste lernen damit umzugehen, sonst macht es mich krank. Ich habe schon so viele Menschen verloren. Darum musste ich auch hier für mich einen Weg finden.» Ihre Tochter kommt sie aber gerne besuchen, und wenn dann ab und zu ihre beiden Enkel kommen, ist ihr Glück perfekt.
Frau Bärfuss ist nun bereits mehr als zwei Jahre bei uns im Madle. Sie hat es gut hier. Kraft finden, Stärke zeigen, an Schwierigkeiten wachsen - das alles ist so viel leichter gesagt als getan. Und doch ist Frau Bärfuss genau dies gelungen; ich bewundere Sie!
Liebe Frau Bärfuss, vielen herzlichen Dank für ihre Offenheit, uns allen einen Einblick in ihre bewegende Lebensgeschichte zu ermöglichen.
Conny Haffter, Aktivierung
Kennen Sie... Erika Soldan?
Mit grosser Neugier und Freude gehe ich heute ins Zimmer von Frau Soldan. Eine neue Geschichte, ein neues «Kennen Sie…».
Aufs Neue in eine Lebensgeschichte eintauchen, aufs Neue teilhaben dürfen am Lebensweg eines Gastes.
Wir sitzen zusammen am Tisch in ihrem sehr gemütlich eingerichteten Zimmer und Frau Soldan fängt zu erzählen an:
Frau Soldan kam am 12. März 1944 zur Welt. Sie wurde in Niederweningen auf einem Bauerndorf im Kanton Zürich gross und lernte ihren Mann an einem Tanzfest kennen. Er fuhr sie an diesem Abend mit dem Motorrad nach Hause mit dem Versprechen, er komme sie am nächsten Wochenende wieder besuchen. Für Frau Soldan war dies nicht ganz einfach, denn was sagen die Dorfbewohner, wenn man ihn sieht. Aber er kam und blieb.
Sie haben geheiratet, wohnten in Oberfrick und Frau Soldan arbeitete in der Ciba Geigy in Stein und ihr Mann bei der Ciba Geigy in der Schweizerhalle.
Mit 19 Jahren bekam Frau Soldan ihr erstes Kind, das zweite kam mit 21 und beim dritten war sie 23 Jahren alt. Im April 1965 zogen sie nach Augst in eine Wohnung, welche der Ciba Geigy gehörte. Kam ihr Mann abends von der Arbeit, ging sie aus dem Haus um bis neun Uhr abends in der Sandoz in der Schweizerhalle zu putzen. Eine Zeit lang arbeitete sie am Morgen von sieben bis acht Uhr zusätzlich noch im Katzenheim in der Längi.
Als ihre Kinder grösser waren fing sie in der Kantine der Sandoz zu arbeiten an. Eine Stelle welche ihr sehr gefallen hat, da sie sehr abwechslungsreich war. 20 Jahre sollte sie dortbleiben. Bis 1979 sind sie in Augst geblieben, dann ist die Familie auf Pratteln gezogen in die Vogelmattstrasse. Die Blöcke wurden renoviert und sie zogen in die St. Jakobsstrasse um.
Währen des Schreibens fällt mir auf, ich schreibe viel: "sie hat da gearbeitet, dort gearbeitet und auch noch an diesem Ort...". Ich frage: «Sie haben viel gearbeitet in ihrem Leben und waren sehr durchorganisiert mit Arbeit, Haushalt und Kinder.»
«Das war damals einfach so, wir mussten beide arbeiten», meint sie.
42 Jahre lang war der Campingplatz in Freiburg im Breisgau Ihr zweites Zuhause, auf dem sie einen Stammplatz für ihren Wohnwagen besassen. Er war das ganze Jahr über geöffnet und die Familie verbrachte viele schöne Jahre dort.
Ihre grosse Leidenschaft war das Boules-spielen. Stundenlang wurde gespielt. Ich höre heraus, dass dies eine ganz tolle Gemeinschaft gewesen sein muss auf diesem Campingplatz.
Ihr Wohnwagen ist im Jahr 2016 abgebrannt und dies war auch der Moment, das Campen an den Nagel zu hängen.
Und dann ist da noch die zweite grosse Leidenschaft von Frau Soldan: Die Amigos. Eine Musikband, welche sie auch das halbe Leben lang begleitet hat. Viele Bilder hängen an den Wänden in ihrem Zimmer, welche die Musiker in jungen Jahren aber auch in älteren Jahren zeigen. Einige Konzerte hat sie besucht und schwärmt heute noch davon.
Wir kommen langsam zu Ende unseres Gespräches, als Frau Soldan noch sagt: «Ah ja, das möchte ich noch erzählen. Wir waren immer wieder in Kenia in den Ferien, nach der Pension. Einmal sogar ein halbes Jahr». Sie kommt ins Schwärmen. Wunderschön war es, jedes Mal und natürlich wurde auch dort Boules gespielt.
Wir kommen zum Schluss unseres Gespräches. Viel Erlebtes, viele Eindrücke, welche ich nun zu Papier bringen werde.
Danke vielmals Frau Soldan für ihr Erzählen und dass wir ein Stück dabei sein durften.
Sabine Müller, Aktivierung
Kennen Sie... Frau Elia?
Heute darf ich mich ein weiteres Mal freuen, in ein langes Leben zu schauen. In eine Geschichte, wie sie nur das Leben schreibt.
Im schönen Oliveri, einer kleinen Gemeinde in Sizilien, ist Frau Maria Elia aufgewachsen bis sie 23 Jahre alt war. Sie ist die Jüngste von vier Schwestern und zwei Brüdern.
Dann machte das Leben aus wirtschaftlichen Gründen eine Wende. Ihre Schwester wohnte bereits in Basel und wie es der Zufall wollte, mit dem Bruder von Frau Elia`s zukünftigem Mann. Also zog sie als junge Frau nach Basel. Dort arbeitete sie in der Zentralwäscherei unter anderem als Näherin und Büglerin während ca. 25 Jahren.
Kurze Zeit später lernte sie ihren Mann Salvatore kennen, der für sie mit ihren Worten gesprochen die »primo Amore« ist, also die erste grosse Liebe. Er findet eine Arbeit in der Spedition bei der SBB. Dadurch konnten sie in einer Arbeiterwohnung leben. Sie heirateten 1964 und aus diesem Glück entstanden schon bald ihre beiden Söhne Antonio und Davide. Die Kinder gingen, wie alle italienischen Einwandererkinder zu dieser Zeit, ins Asilo (Kinderkrippe und Betreuung).
Die Kälte in der Schweiz machte ihnen anfänglich grosse Mühe. Trotzdem fühlten sie sich bald gut integriert und angekommen. Seit vielen Jahren bewirtschaften sie einen herrlichen Schrebergarten im Hintererli in Pratteln. Dort bauten sie und ihr Mann Tomaten, Zucchetti, Salate, Früchte etc. an und verarbeiteten die Tomaten direkt vor Ort zu Sugo in der Flasche für mmhh… feine italienische Gerichte.
Bis heute bewirtschaftet ihr Mann diesen Garten mit grossem Elan. Durch diesen Garten, den ich schon einmal bestaunen durfte, konnten sie sich ein Stück Heimat in die Schweiz holen. Beide lieben die Gerichte und Produkte Italiens und man kann mit ihnen ausgiebig über die Zubereitungsarten diskutieren.
Was ihnen denn hier so gefällt frage ich. Die Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit. Was ist ihnen denn wichtig? Die Familie und der Glaube stehen an erster Stelle, sie bringen Sicherheit und Glück.
Was wäre, wenn sie noch einmal wählen könnten, ihr Traumberuf? Fotografin würde Frau Elia sehr gefallen und sie lächelt dabei. Ihr Mann kommt sie jeden Tag besuchen, um mit ihr im Park spazieren zu gehen. Beide geniessen die Zeit zusammen, aber auch die gemütlichen Momente im Aufenthaltsraum auf der Étage, gemeinsam mit anderen Gästen, haben sie gerne.
Wir freuen uns sehr, dass sich Frau Elia so gut eingelebt hat bei uns und wünschen ihr auch weiterhin eine schöne Zeit.
Bettina Vogt, Aktivierung
Kennen Sie... Frau Bussmann?
Ich hatte Frau Bussmann zuerst nur flüchtig kennengelernt, doch es nahm mich Wunder, wer sie ist. So fragte ich sie, ob sie mir für ein Gäste-Portrait aus ihrem Leben erzählen würde.
Rosina Bussmann, gebürtig Maier, kam am 16. Januar 1930 im Bayrischen Aufhausen zur Welt und verbrachte in Landau an der Isar ihre Kindheit. Ihr Vater arbeitete damals als Briefträger und brachte den Bauern in der Umgebung ihre Post. Oft musste er weite Wege zu Fuss durch den Schnee zurücklegen.
Nachdem der 2. Weltkrieg begonnen hatte, musste er Parteimitglied sein um die Stelle zu behalten, obwohl er eigentlich politisch anderer Meinung war. Auch ihre Mutter unterstützte die Politik der Nationalsozialistischen Partei nicht. Frau Bussmann erinnert sich, wie sie nachts ganz leise ausländisches Radio hörte, da sie wusste, dass das Deutsche Radio nicht die Wahrheit über den Kriegsverlauf berichtete. Auch sie hielt ihre Meinung nach Aussen geheim.
Das Leben damals war auch in der Kulinarik vom Krieg geprägt. Am frühen Samstagmorgen wurde die noch junge Rosina zu den Läden geschickt, wo sie sich in der Schlange anstellen musste, um gutes Fleisch zu bekommen. Davon gab es damals wenig.
Später ging sie einige Dörfer weiter in der Gemeinde «Markt Eichendorf» zur Schule, welche manchmal eine Woche lang ausfiel, weil die Soldaten die Schulhäuser bewohnten. Sie erinnert sich, wie die Deutschen am Kriegsende viele Brücken sprengten, weil sie mit letzter Kraft versuchten den Einmarsch der Amerikaner zu verhindern. Nur die Brücke in Eichendorf blieb stehen.
Die Amis bewohnten nach ihrem Einmarsch viele Häuser und Läden, so auch den Stoffladen, in dem Rosina mit 15 Jahren ihre Lehre als Verkäuferin begann.
Dank ihrer Stelle im Stoffladen hatte sie stets schöne und gute Kleidung, warme Wintermäntel und sogar ein Winterdirndl. Die schönen Kleider trug sie sehr gerne. Ihre erste Reise führte die 15jährige Rosina nach München. Sie musste mit dem Zug alleine in die Stadt reisen, um Hüte für den Laden einkaufen zu gehen.
Auf dem Rückweg blieb sie dann prompt wegen eines Zugausfalls in München stecken und musste mit einem Lastwagen mitfahren. Zum Glück konnte sie unterwegs bei Verwandten übernachten, denn sie schaffte es nicht mehr am selben Tag zurück nach Hause.
Sie muss lachen, als sie an dieses Mädchen zurückdenkt, das da alleine mit einer riesigen Kiste voller Hüte versuchte, wieder nach Hause zu kommen.
Handys gab es damals noch keine, so konnte sie den Eltern nicht einfach schnell Bescheid geben, so wie man das heutzutage macht. Im Stoffladen gab es zu der Zeit wenig Kundschaft, weshalb sie sich bald entschied, in ein Lebensmittelgeschäft zu wechseln. Sie mochte es, wenn etwas lief, und dort war immer etwas los. Von überall kamen die Leute mit Ross und Wagen oder im Winter mit dem Schlitten um einzukaufen. Eigentlich wollte Rosina Bussmann schon immer mal nach England reisen, doch damals sah die Lage in England nicht gerade rosig aus. So riet ihr eine Tante aus Lörrach, lieber in die Schweiz zu gehen.
Dort angekommen fand sie Arbeit in einem Haushalt in Pratteln. Doch damals wollte sie noch nicht gleich sesshaft werden, also reiste sie ins Graubünden, um dort zwei Jahre lang im Hotel Alpina in Braunwald als Buffetdame und später im Service zu arbeiten. «Das war eine schöne Zeit!».
In Braunwald kam der jüngere Sohn der Familie Bussmann, Eugen, sie einmal besuchen und fragte sie, ob sie wieder mal zu ihnen käme. Nach einem 6-Monatigen Aufenthalt in Neuchâtel reiste sie deshalb wieder zurück in die Region Basel.
Später heiratete sie Eugen. Sie wohnten in Pratteln im Engelblock und betrieben gemeinsam Obsthandel in der Region. In Langenthal lagerten und kühlten sie all die Äpfel.
Kurz bevor ihre zweite Tochter Käthi zur Welt kam, erfuhr Frau Bussmann einen schweren Schicksalsschlag. Als ihr Mann mit dem Auto unterwegs war um eine Ladung Äpfel abzuholen, hatte er einen tödlichen Unfall. Der Gedanke an diesen Moment berührt Frau Bussmann noch heute tief.
In Pratteln hatte sie sich schon eingelebt und die Familie ihres Mannes unterstützte sie beim Aufziehen der beiden Mädchen. Sie war froh, dass sie Mädchen und keine Buben bekommen hatte; «An den Mädchen hat man doch viel, wenn man gut mit ihnen auskommt». Die ältere Tochter war ruhig und brauchte nicht viel Betreuung.
Doch die kleinere war wild und die Urgrossmutter Bussmann musste oft auf sie aufpassen. Sie führten den Obsthandel weiter und Frau Bussmann ging regelmässig nach Basel in die Markthalle, um das Obst an die Kundschaft zu bringen. Obwohl sie sehr gern in ihrem Haus in Pratteln mit Garten und Sitzplatz gewohnt hat, konnte sie sich gut auf die neue Wohnsituation im Madle einstellen.
Frau Bussmann wirkt auf mich wie eine Frau, die das Leben stets nehmen konnte, wie es kam. Mit Veränderungen konnte sie sich selbst wenn es auch mal nicht einfach war, gut zurechtfinden und sieht, wann immer möglich, das Gute in einer Situation.
Anna Vogt, Aktivierung